Zahn- und Kieferregulierung

Die Kieferorthopädie, Orthodontie

In den letzten einhundert Jahren sind die Menschen in den modernen Industriestaaten immer größer geworden; der Schädel und der Kieferbogen wurden schmaler und der Platz im Kiefer immer enger. Früher waren die Weisheitszähne ein wichtiger Teil des Kauorgans, heute oft nur mehr minderwertig ausgebildet.

Kein Wunder, dass es hierbei zu „aus der Reihe tanzenden“ Zähnen kommt oder auch zu Missverhältnissen zwischen Ober- und Unterkiefer. Immer wieder sieht man, dass Zähne einfach nicht angelegt werden und es so zu einer Asymmetrie im Kiefer kommen kann.

Das perfekte Gebiss, das uns laufend aus der Werbung entgegenlacht, ist ein sehr seltenes Geschenk der Natur, mit dem hierzulande nur etwa jeder Zwanzigste bedacht wird.

Die Fehlstellungen der Zähne oder der Kiefer können weitreichende gesundheitliche Folgen haben, z.B. Schleimhauteinbisse, Zahnfleischverletzungen, Gleitkontakte, die Selbstreinigung der Zähne funktioniert nicht optimal, die Karies- und Parodontitisgefahr verstärkt sich, Zahnbetterkrankungen führen zu frühzeitigem Zahnverlust, irreversible Kiefergelenksprobleme mit zunehmendem Alter usw. Weiterführend können von schweren Zahn- und Kieferfehlstellungen Kopfschmerzen, Neuralgien, Nacken- und Wirbelsäulenerkrankungen ausgehen.

Manche Fehlstellungen sind angeboren: Zum Beispiel der „Distalbiss“, bei dem die oberen Schneidezähne weit vor den unteren stehen. Oder die „Progenie“, bei der die unteren Schneidezähne vor den oberen stehen. Zu den leicht erkennbaren erblichen Unregelmäßigkeiten gehören auch ausgeprägte Lücken, z.B. zwischen den Schneidezähnen.

Andere Fehlstellungen sind durch die Eltern mitverschuldet:
Schlechte Lutschgewohnheiten haben schlechte Folgen: Die Entwicklung der Kiefer wird durch Lutschen massiv beeinflusst und Fehlstellungen sind häufig darauf zurückzuführen. Die Folgen können der Schmalkiefer sein (die Zähne haben zu wenig Platz) und/oder der lutschoffene Biss, der richtiges Abbeißen unmöglich macht und zur nachteiligen Mundatmung führt.
Gewöhnen Sie Ihrem Kind möglichst frühzeitig, spätestens aber bis zum 3. Lebensjahr das Daumenlutschen und den Schnuller ab. Wobei man hier erwähnen muss, dass das Stillen als erste „kieferorthopädische Behandlung“ betrachtet werden kann: der Säugling muss beim Saugen schwer arbeiten; das trainiert die Kaumuskulatur, stimuliert das Wachstum der Kieferknochen und fördert eine harmonische Entwicklung von Ober- und Unterkiefer.
Schlecht gepflegte Milchzähne führen oft zu Zahn- und Kieferfehlstellungen: Wenn die Milchzähne nicht ordentlich gereinigt werden, können sie Karies bekommen und dadurch zu früh verloren gehen. Die wichtige Platzhalterfunktion ist dadurch verloren und die Nachbarzähne kippen dann häufig in die entstandene Lücke. Diese verengt sich und der durchbrechende Zahn kann sich nicht richtig einreihen; er wächst schief. Außerdem sind die Milchzähne wichtige Leitstrukturen für den Durchbruch der bleibenden Zähne.

Abnehmbare (Zahnspange) oder festsitzende Behandlung (Brackets)

In der Kieferorthopädie ist Diagnose und Therapie kompliziert und hängt von vielen unterschiedlichen Faktoren ab. Der Zeitpunkt für den Beginn der Behandlung ist von der Diagnose abhängig.

So wie es „viele Wege nach Rom gibt“, gibt es verschiedenste Behandlungskonzepte. Für ein zu enges Oberkiefer zum Beispiel ist in jungen Jahren eine abnehmbare Dehnplatte oft ausreichend, kommen aber hier noch Fehlstellungen einzelner Zähne, in Lücken gekippte Zähne oder ähnliches hinzu, ist sicher eine festsitzende Behandlung mit Brackets angebracht.

zahnspange-abnehmbar abnehmbare Zahnspange
zahnspange-festsitzend festsitzende Zahnspange

Herausnehmbare Spangen haben den Vorteil, dass sie einfacher zu reinigen sind und man bei der Party das Gerät zu hause lassen kann; aber darin liegt auch oft der Nachteil. Hier wird eine konsequente und gewissenhafte Mitarbeit (Tragdauer ist für den Erfolg ausschlaggebend) des Patienten gefordert. Die Behandlungsdauer ist mit abnehmbaren Geräten oft länger und man kann Feineinstellungen nicht so einfach bewerkstelligen.

Der Vorteil der festsitzenden Behandlung liegt sicher darin, dass das „Gerät“ immer im Mund ist, also ein „vergessen“ unmöglich ist. Die Behandlungsdauer ist meist kürzer und die Wirkung präziser. Allerdings das Reinigen der Zähne ist aufwendiger und erfordert große Disziplin; und ab und zu haben die Kinder auch eine gewisse Scheu mit dem „Draht im Mund“ herumzulaufen. Wobei oft die Eltern mehr Probleme darin sehen, als die Kinder selber (Zahnspange kann auch „in“ sein!). Übrigens kann man festsitzend auch „ausgewachsene Gebisse “ behandeln.
Ganz wichtig ist nach kieferorthopädischer Behandlung die Retentionsphase: d.h. wenn alle Zähne in Reih und Glied stehen, muss eine gewisse Zeit z.B. eine Nachtschiene getragen werden um den neu eingestellten Zustand auf Dauer zu erhalten.

Abschließend muss man neben der medizinischen Komponente auch die soziale erwähnen; Eltern stehen heute unter einem gewissen Druck: Welcher Vater welche Mutter will dem Kind schon bewusst die Chance auf ein schönes Gebiss verwehren? Ohne schönes Gebiss kein schönes Lächeln. – In Zeiten knapper werdender Berufsmöglichkeiten und strengerer Auswahlkriterien ist ein attraktives Erscheinungsbild nicht unwichtig.